17 September 2006

Diskriminierung in Russland – zwei Seiten der Medaille

Ich möchte hier nicht von Ausländerfeindlichkeiten im Sinne von körperlicher Gewalt sprechen, um das vorwegzunehmen. Auch wenn man in deutschen Medien vieles von einem angeblichen Neonazi-Problem in Teilen Russlands lesen kann und auch am vergangenen Wochenende bei Ausschreitungen gegenüber Tschetschenen, die in einer kleinen Nordrussischen Stadt untergekommen waren (hier werden jedoch Tschetschenen noch mal anders betrachtet als andere Ausländer), Tote zu beklagen waren, so habe ich hier bisher noch keinen offensichtlich Rechtsextremen gesehen. Aus meiner bisherigen Sicht haben wir in Deutschland, sollte das hier schon ein Problem sein, von dem selbst internationale Medien berichten, ein viel viel größeres.

Wovon ich eigentlich sprechen möchte ist die strukturelle Diskriminierung von hier lebenden Ausländern und Touristen. Es ist nämlich üblich, wenn auch offiziell verboten, dass Ausländer einen erheblich höheren Eintrittspreis zu kulturellen Einrichtungen zahlen müssen. Ich möchte euch das an einem kleinen Beispiel meiner gestrigen Erlebnisse erläutern.
Wir waren zu dritt in Peterhof, einer kleinen aber sehr schönen Ansammlung einiger Sommerpaläste in einem wunderschönen Garten direkt am Meer. Die 30 Kilometer hinfahrt wollten wir mit einem Schnellboot zurücklegen. Es gibt hier dafür 2 Anbieter. Der eine ist seriös und hat keine speziellen Touripreise. Wir zahlten für die Fahrt etwa 8 €. Beim anderen hätten wir als Ausländer mit Studentenausweis das Doppelte bezahlt, ohne Ausweis gar das Dreifache.
Angekommen in Peterhof mussten wir um in den Park zu kommen wieder Eintritt bezahlen. Hier gab es nun, und das zog sich durch den ganzen Park und jedes Gebäude, spezielle Ausländerpreise. Ein Russe zahlt 1,50 € Eintritt in den Park, ein russischer Student zahlt unter einem 1 €, doch wir, auch wenn wir einen russischen Studentenausweis besitzen (ich hab immer noch keinen…), müssen den internationalen Studentenpreis bezahlen (die gucken, ob unser Name auf dem Ausweis russisch klingt). Der liegt bei 4 €. Erwachsene Ausländer zahlen stolze 8 € Eintritt, nur für den Park! Die weiteren Gebäude werden aus diesem Grunde von überwiegend russischen Besuchern betreten. Sie zahlen überall etwa 1 €. Wir das 3 bis 7 fache.
Man kann sich nun darüber streiten, ob man als Gastgeber von seinen Gästen mehr verlangen sollte, nur weil sie es sich leisten können hier Urlaub zu machen. Doch besonders hier lebende Ausländer und Studenten, die häufig nicht viel mehr Geld haben (Durchschnittslohn der Russen liegt in St. Petersburg bei etwa 400-500 € pro Monat) trifft eine solche Regelung recht hart. Wenn man noch dazu die jetzigen Preise mit denen, die in meinem (3 Jahre alten) Reiseführer vergleicht, so haben sich diese für die Ausländer nochmals verdoppelt, wobei die für die Einheimischen gleich geblieben sind.
Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Die andere durfte ich gestern Abend kennen lernen. Wir waren das erste Mal etwas ausgiebiger in der Innenstadt feiern und haben einige Clubs und Kneipen ausprobiert. Die Anzahl dieser ist trotz 5 Millionen Einwohner sehr überschaubar. Deshalb drängen sich in manche Länden eine ganze Menge Leute, ein Grund für die Türsteher irgendwann nein zu sagen. Doch wenn sie merken, dass du Ausländer bist, dann wirst du mit offenen Armen empfangen. Darfst rein, auch wenn es für andere zu voll ist oder sie aus irgendwelchen anderen Gründen abgewiesen werden. Das geht so weit, dass es sogar Läden gibt, die freien Eintritt für Ausländer haben (ansonsten zahlt man als Mann zum Teil deutlich mehr als Frauen). Dies steht zwar nicht auf dem Aushang, wenn also ein Ausländer gerne bezahlen möchte ist das natürlich auch gerne gesehen, nach einem Tipp von einem Schweden waren wir aber in dem Entsprechenden Laden so dreist und haben das mal ausprobiert. Nachdem wir (5 Jungs) unsere Pässe vorgezeigt hatten konnten wir ohne den Eintritt von 8 € pro Person passieren…
Das sind nun die Vor- und Nachteile eines Ausländers hier in St. Petersburg. Wenn man also häufig feiern geht und wenige Sehenswürdigkeiten besichtigt, nein, so eine Rechnung möchte ich nicht aufmachen, ich finde eine solche positive, wie auch negative Diskriminierung von Ausländern, egal in welchem Land ich mich befinde, aus vielen Gründen, für nicht richtig.

Bis bald, mit neuen ungewöhnlichen Geschichten, und aus einer bereits sehr herbstlichen Stadt!

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