In wenigen Tagen ist schon Weihnachten, viel davon mitbekommen habe ich bisher nicht. Die Vorweihnachtsstimmung in St. Petersburg ist doch um einiges anders. So sind die Geschäfte viel weniger mit Weihnachtssachen geschmückt und ausgestattet, typisches Weihnachtssortiment gibt es in meinem Supermarkt nicht. Natürlich blitzen die vielen Lichter über den Straßen und an den Gebäuden. Dabei ist das persönliche ausstaffieren von Fenstern gänzlich unbekannt. Und auch Weihnachtsmärkte sucht man vergebens. Ein Vorteil für mich (oder besser für meine Familie, die mich bald besuchen kommt, und mich) wird jedoch sein, dass der 24. Dezember ein ganz normaler Tag hier ist und von kaum jemand gefeiert wird. Probleme ein Restaurant zu finden werden wir nicht haben.
Ganz anders sieht es dabei für den 31.12. aus. Hier wird dann zugleich „Weihnachten“ und Silvester gefeiert. Das treibt die Restaurantpreise in ungeahnte Höhen. Tapio und ich wollten einen Tisch in einem guten aber nicht zu teuren Restaurant reservieren. Dafür riefen wir im Vorwege einige uns bekannte an, diese haben aber geschlossen oder waren nur für Gruppen zu mieten.
Einige Empfehlungen später wollten wir diese gestern testen gehen. In zwei Restaurants lassen wir uns nieder, aßen eine Kleinigkeit und probierten das Bier. Wir waren von beiden sehr angetan. Getränke etwa 2 - 4 €, Hauptspeise ca. 10 €. Nicht zu teuer für hiesige Verhältnisse, aber auch nicht das günstigste. Der Service stimmte und die Speisen waren gut. Doch leider fielen uns die Augen aus dem Kopf als wir das Spezialmenü für Silvester im „Khorchma“
in den Händen hielten. Für ein 4 Gänge Menü, je einem Glas Sekt, Vodka und Saft sollten stolze 120 € pro Person bezahlt werden.
Zusammengestellt aus der normalen Speisekarte wären wir auf ca. 35 € gekommen. Also verließen wir das Restaurant wieder unvermachter Dinge und begaben uns ins zweite auserwählte. Dort waren die normalen Menüpreise in etwa dieselben, das Essen gar noch etwas besser. Auch gefiel uns die Aufmachung dieses Kaukasischen Restaurants sehr gut. Leider an Silvester geschlossen.
Ihr werdet nun zu Recht sagen, dass St. Petersburg so einige hundert Restaurants haben sollte, da wird sich schon etwas finden. Das denke ich eigentlich auch, doch möchte ich hier ungern einen Tisch in einem ungetesteten Restaurant bestellen. Preis und Leistung sind hier sehr unterschiedlich. Man kann für viel Geld miserables Essen bekommen und für wenig bestes. Auch kann der Service sehr unterschiedlich ausfallen. So kam es schon vor, dass zwischen dem ersten, der sein Essen bekam und der letzten Person über eine Stunde verging. Ohne Entschuldigung, so sei das halt…
Meinen Sprachkurs habe ich nun auch beendet. Am Dienstag war meine abschließende Prüfung. Zu dritt (die anderen legen ihre Prüfung am 25. Dezember ab, doch für „Christen“ gab es quasi eine Ausnahme) mussten wir 5 Stunden lang verschiedene Aufgaben bewältigen. Zuerst mussten in 140 Sätzen Subjekte und Adjektive in den richtigen Fall oder Verben in die richtige Form und Zeit gebracht werden. Dann gab es einen Text zu lesen und auf einem Fragebogen Fragen dazu zu beantworten. Ein zweiter Text musste anschließend gelesen und nacherzählt werden. Schließlich mussten wir noch über ein ausgelostes Thema frei erzählen. Ich musste von meinen Freunden erzählen. Der Test verlief ganz gut, natürlich mit einigen Fehlern, doch zufrieden stellend. Auch unsere Lehrerin war zufrieden und gab uns allen eine 5. Das russische Notensystem geht von 1 bis 5, wobei 5 das Beste ist. Ich hätte uns zwar nicht ganz so gut eingeschätzt, doch da beschwert man sich doch lieber nicht. Die Russen legen im Allgemeinen sehr großen Wert auf gute Noten. Prüfungen mit 5 bis 3 sind bestanden, darunter nicht. Es gibt keine Feinabstufungen. Somit hat man, wenn bestanden, schon eine recht gute Note. Jedoch ist auch das Erlangen einer 5 meist nicht so schwer wie bei uns eine 1,0 zu erhalten. Unsere Erfahrungen, vor allem in den normalen Vorlesungen, haben gezeigt, dass das Niveau doch um einiges niedriger ist. Spicken in Prüfungen wird teils schon fast offen toleriert, zumindest nicht deutlich erschwert, wie Lassi zu erzählen weiß.
Mein Flur ist in den letzten Tagen fast ausgestorben. Noch ganze 5 Leute wohnen hier, von ehemals um die 60. Vier dieser fünf leben davon in meiner Wohnung. Zumindest hier ist also noch alles bei Alten und ich fühle mich dann doch nicht so einsam. Zum Abschied der Amerikaner ging es letzten Freitag noch mal etwas feiern. Leider kamen nicht allzu viele von ihnen mit. Temu, ein Finne aus einer finnischen WG, 20 Minuten zu fuß von hier, hatte zudem Geburtstag und so ging es zunächst zu ihm und dann in eine typisch russische Disko, ebenfalls nicht weit von hier. Sie gehört nicht unbedingt zu meinen Lieblingsplätzen, ist jedoch ganz ok, wenn man sich den Weg in die Innenstadt sparen möchte.
Die beiden Fotos sind als Nachtrag zu unserer Weihnachtsfeier in unseren Zimmern vor einigen Tagen zu verstehen. Das erste zeigt Vierpe auf Lassis Schoß. Er war unser Weihnachtsengel, der die Geschenke verteilte, wie unschwer zu erkennen ist.
Das zweite zeigt einen Großteil der allwöchentlichen Partygesellschaft hier. Viele dieser Leute wohn(t)en auf diesem Flur oder in der Nähe. Auf diesem Foto sind leider nur 2 Russen (spiegelt leider eben auch wieder, dass wir größtenteils außerhalb der Uni unter Ausländern waren), jedoch 9 Finnen und 4 Amis (dazu je ein Tscheche, Spanier, Norweger und ich).
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