30 September 2006

Faschisten / Antifaschisten in St. Petersburg

Meine ersten Eindrücke, dass es hier weniger Faschisten gibt als in Hamburg scheinen nur auf den ersten Blick zu stimmen. Denn sind diese hier nicht so einfach am Äußeren zu erkennen wie bei uns. Nachdem letzten Sonntag hier ein indischer Student regelrecht abgeschlachtet wurde (8 Vermummte haben vor seinem Studentenwohnheim ihn gezielt mit mehreren Messerstichen getötet) und das schon der 4 Mord an ausländischen Studenten in diesem Jahr ist, habe ich mich mal mit engagierten Studentin (davon gibt es hier nicht allzu viele, oder ist das typisch TU?) unterhalten. Es gab als Reaktion auf den Mord eine Demo am Montag, von der ich jedoch erst später aus der Zeitung erfahren habe. Denn es scheint hier keine große Mobilisierung für solche Demos/ Mahnwachen zu geben. Mir wurde erklärt, dass das hier nur durch Mund-zu-Mund-Weitergabe geschieht, da die Antifaschisten zu große Angst vor den Nazis, die scheinbar klar in der Überzahl sind, haben. Denn nicht nur, dass Ausländer gezielt getötet werden (keine Schlägereien, wie zumeist bei uns, sondern Messer- / Schusswaffenangriffe mit dem klaren Ziel zu töten), auch Aktivisten der Antifa wurden so schon ausgeschaltet (z.B. vor etwa einem Jahr einer aus der Gruppe, in der das Mädchen aktiv ist, bei einem Restaurantbesuch). Ihre Treffen werden deshalb nur noch privat bei jemandem zu Hause abgehalten, Aktionen nur innerhalb der Antifaszene angekündigt.
Die Polizei und Staatsanwaltschaft geht dabei nicht gerade pflichtbewusst mit der Ermittlung der Täter um. Wenn sie überhaupt ermittelt werden (dafür genügen nicht einfache Zeugen, sondern irgendjemand „höheres“ muss nach Strafe rufen), so wie in dem Fall des ermordeten Antifas, dann fallen die Strafen äußerst milde aus (2 Jahre Knast für jeden, der damals mitgeholfen hatte. Die 2 Jahre kommen dabei folgendermaßen zustande: 16 Jahre Haft für den Mord, geteilt durch 8 Täter, macht 2 Jahre für jeden).
Das größte Hindernis für eine erfolgreiche Arbeit gegen das faschistische Gedankengut ist jedoch die überwiegende Ignoranz der meisten Bürger hier. So etwas wie Hilfsbereitschaft (z.B. mal beim Treppenruntertragen eines Kinderwagens helfen) gibt es sehr selten, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass alle bei körperlichen Angriffen weggucken, geschweige denn sich für das Leben von anderen Menschen (egal ob Ausländischer oder Einheimische) interessieren. Faschisten haben es da sehr einfach mit plumper Propaganda den Menschen einzureden, dass andere Personengruppen dafür verantwortlich sind, dass es ihnen selbst nicht ganz so gut geht wie es vielleicht sein könnte.
Ein weiterer katastrophaler Zustand ist das Notrufsystem in dieser Stadt. So kommt ein gerufener Krankenwagen nie vor 30 Minuten zum Opfer, tagsüber, wenn der Verkehr noch dichter ist, kann es sogar über eine Stunde dauern. Der Verkehr ist dabei nur ein Teil des Grundes. Für uns ist es unverständlich, warum ein Krankenwagen im Einsatz (mit Martinshorn und Blaulicht) genauso im Stau steht und kein Auto ihn durchlässt, warum er sich nicht mal traut bei rot auf eine Kreuzung zu fahren (kein Auto würde für ihn bremsen). Darüber hinaus hat diese Stadt einfach zu wenige Kapazitäten an Krankenhäusern und Krankenwagen. Wer hier zum Arzt will (das Gesundheitssystem bietet jedem kostenlose Nutzung in den staatlichen Einrichtungen), der sollte sich einen Tag frei nehmen und hoffen, dass nicht kurz bevor er an der Reihe wäre Feierabend gemacht wird. Ausländische Unternehmen in St. Petersburg bezahlen daher ihren Mitarbeitern eine zusätzliche private Versicherung, mit der dann auch die privaten Kliniken und Ärzte besucht werden können.

…und morgen geht es nach Puschkin, mal wieder die schönen Seiten Russlands bestaunen.

29 September 2006

Auf der Straße liegt das Geld!

So langsam wird es kälter in St. Petersburg, obwohl die Sonne tagsüber häufig scheint und mir einige schöne Tage und Ausflüge beschert hat. Dennoch haben wir uns bereits jetzt entschieden dem Wind in unserem Zimmer einen Riegel vor zu schieben. Nun sind wir das erste Zimmer auf unserem Flur mit Silikon in den Fensterfugen und Gummidichtungen zwischen den Scheiben. Ein kleiner Einkaufsbummel in unserem Baumarkt und ein kleiner Reparatureinsatz haben uns nun zur Attraktion unter den ausländischen Studenten gemacht. Nicht nur, dass unser schwarzes Silikon sofort unsere besonderen Fenster betont (war eigentlich ein Fehlkauf, doch wir hatten keine Lust noch eine Tube zu kaufen), wir haben auch jetzt schon erhebliche Verbesserungen gespürt. Als Nebeneffekt haben wir nämlich jetzt auch ein recht ruhiges Zimmer.

Am Freitag waren Tilo und ich noch mal auf einer so genannten Party, eher einem netten Zusammensitzen. Auf dem Weg dorthin mussten wir ein Stück zu fuß gehen und eine recht befahrene, große Kreuzung passieren. Der Verkehr macht es häufig nötig, dass man sich einfach Spur für Spur voran tastet. Und so kam es, dass ein Bus genau vor meinen Füßen etwas vom Boden aufwirbelte, was sich als Geldbeutel entpuppte. Dieser enthielt weder Kreditkarten, noch Führerschein oder einen sonstigen Hinweis auf seinen Besitzer, doch für russische Verhältnisse recht viel Geld: fast 5000 Rubel (150 €). Dies bescherte der „Party“ einige Getränke, uns eine günstige Rückfahrt mit dem Taxi und unserer WG eine immer noch gut gefüllte WG-Kasse. Wir werden wohl ein, zwei Partys bei uns demnächst ausrichten! Ihr seid dazu natürlich auch alle ganz herzlich eingeladen!

Am Sonntag ging es dann noch auf einen Ausflug. Mit Lassi, Tilo, seiner Freundin Ina (sie ist für die nächsten 2 Wochen hier zu besuch) und Ira bin ich nach Oranienbaum gefahren. Wieder ein großer Park mit einigen alten Gebäuden, an der Ostsee gelegen. Die Eintritte hier waren wesentlich günstiger und wir gingen als russische Studenten durch. Auch waren viel weniger Touristen da als in Peterhof, doch sind dafür die Gebäude noch nicht fertig renoviert. Wir setzten uns auf eine Wiese in die Sonne, doch wurden wir recht bald von einem Wachmann verscheucht. Nicht, dass wir auf einem tollen Rasen oder Blumen gesessen hätten, eher eine Waldlichtung als etwas gepflegtes. Doch Ira hat uns gelehrt, und ich werde versuchen das zu beherzigen, dass wir nicht versuchen sollten Russland zu verstehen. Solche Erfahrungen muss man hier leider häufiger machen. Selbst die Leute, die Regelungen durchsetzen, hinterfragen diese nicht. Aus unserer Sicht machen sie häufig keinen Sinn, aus ihrer Sicht war das schon immer so und deshalb braucht es keinen Sinn zu machen.

Leider geht seit Montag mein Handy nicht mehr. Es scheint ein simpler Softwarefehler zu sein, es stürzt nach ca. 30 Sekunden nach dem Anschalten ab. Im Laden wurde mir gesagt, man müsste die Software einfach erneut drauf spielen. Doch so einfach ist das hier nicht. Es gibt spezielle Servicecenter, die auch auf der Homepage von Samsung-Russland ausgewiesen sind, doch konnte mir bisher keiner helfen. Hier wird mein Handy nicht verkauft (nicht exakt das, das ich habe, nur leicht andere) und das führt dazu, dass die weder Kabel noch Software für mich haben. Das ist Service. Ich habe daraufhin Samsung eine eMail geschrieben und zur Antwort bekommen, dass ich Pech habe und nur in Deutschland Hilfe bekommen könnte, doch da ich erst im Januar zurückkommen würde meine Garantie dann abgelaufen sei. Danke. Das erste und letzte Mal Samsung, würde ich sagen. Bin nun gezwungen mir hier ein neues zu kaufen und schon sehr auf die Bürokratie dabei gespannt…

21 September 2006

Endlich Vater!?

JA, ich habe ihn endlich, meinen Studentenausweis! Nach langem Warten ist das scheinbar unmögliche war geworden. Doch was in ihm fehlt ist der Bibliotheksausweis (ist hier einfach eingeklebt). Nun war ich heute los um diesen von der Bibliothek direkt zu bekommen, doch das ist mal wieder nicht so einfach. Sie brauchen dafür meine Registrierungsnummer aus dem Wohnheim in dem ich wohne. Die Matrikelnummer reicht da nicht…
Und noch etwas habe ich heute erhalten: Meinen Reisepass, den ich hatte abgeben müssen, zusammen mit zwei wichtigen Dokumenten, die ich immer dabei haben soll. Das Beste ist jedoch, ich bin in meinem Visum nun plötzlich Vater geworden. Die haben mir dort ein Kind eingetragen. Ich hoffe ich kann auch ohne wieder ausreisen. Oder soll ich jemandem eins mitbringen?

Schon mal gesalzenes Wasser getrunken? Klar, beim Baden im Meer, aber dafür etwas im Laden bezahlt? Hier gibt es dieses Phänomen. Mir ist das jetzt schon zweimal passiert. Nicht, dass das Wasser so wie Meerwasser schmecken würde und die das einfach aus der Ostsee nehmen würden, nein, ganz so salzig ist es dann doch nicht. Doch für meinen und dem Geschmack meiner Mitbewohner ist es zuviel. Vergleichbar wäre vielleicht das Salz in gesalzenem Tomatensaft. Werde mich nun also vor dem Kauf zukünftig auf dem Etikett vergewissern wie viel Na+ und Cl- drin sind. Es verwundert mich dennoch, dass es scheinbar Leute gibt, die solch ein Wasser absichtlich kaufen. Oder ob es Heilwasser ist?

Was ich noch mal dringend hier loswerden muss ist ein Bericht über die tollen Ampeln in dieser Stadt. Jede Kreuzung, jede Ampel hat ein graues Kästchen an einer Hauswand oder einem Laternenmast. Unsere Neugier war groß, was sich darin wohl verstecken wird. Zumal sie nicht abgeschlossen sind, kann man sie einfach öffnen. Darin befinden sich einige Knöpfe und Schalter, mit denen man die Ampel schalten kann. Manchmal stehen auch Polisten an solchen Kästen und bedienen sie quasi live. Nun stellt man sich mal vor, was wir alles Schönes mit solchen Schaltern anstellen könnten. Ich denke in Hamburg wäre sicher nach so mancher Demo schon mal das Verkehrschaos noch größer gewesen. Und auch in dieser Stadt kann man damit sicherlich ein heilloses Durcheinander schaffen. Vielleicht wird es dafür noch die passende Zeit geben?

18 September 2006

Wie es auch ergehen kann...

Ein abschreckendes Beispiel für "so nicht einreisen" kann euch Christian geben, den ich am Wochenende kennengelernt habe und der ebenfalls an meiner Uni hier studiert. Einfach mal durchlesen: http://christianinpetersburg.blogspot.com/
Andere tolle Geschichten gibt es auch auf diversen anderen Seiten im Netz, die ich so beim Rumstöbern aufgetrieben habe. Hab deshalb meine Linkliste etwas erweitert.

17 September 2006

Diskriminierung in Russland – zwei Seiten der Medaille

Ich möchte hier nicht von Ausländerfeindlichkeiten im Sinne von körperlicher Gewalt sprechen, um das vorwegzunehmen. Auch wenn man in deutschen Medien vieles von einem angeblichen Neonazi-Problem in Teilen Russlands lesen kann und auch am vergangenen Wochenende bei Ausschreitungen gegenüber Tschetschenen, die in einer kleinen Nordrussischen Stadt untergekommen waren (hier werden jedoch Tschetschenen noch mal anders betrachtet als andere Ausländer), Tote zu beklagen waren, so habe ich hier bisher noch keinen offensichtlich Rechtsextremen gesehen. Aus meiner bisherigen Sicht haben wir in Deutschland, sollte das hier schon ein Problem sein, von dem selbst internationale Medien berichten, ein viel viel größeres.

Wovon ich eigentlich sprechen möchte ist die strukturelle Diskriminierung von hier lebenden Ausländern und Touristen. Es ist nämlich üblich, wenn auch offiziell verboten, dass Ausländer einen erheblich höheren Eintrittspreis zu kulturellen Einrichtungen zahlen müssen. Ich möchte euch das an einem kleinen Beispiel meiner gestrigen Erlebnisse erläutern.
Wir waren zu dritt in Peterhof, einer kleinen aber sehr schönen Ansammlung einiger Sommerpaläste in einem wunderschönen Garten direkt am Meer. Die 30 Kilometer hinfahrt wollten wir mit einem Schnellboot zurücklegen. Es gibt hier dafür 2 Anbieter. Der eine ist seriös und hat keine speziellen Touripreise. Wir zahlten für die Fahrt etwa 8 €. Beim anderen hätten wir als Ausländer mit Studentenausweis das Doppelte bezahlt, ohne Ausweis gar das Dreifache.
Angekommen in Peterhof mussten wir um in den Park zu kommen wieder Eintritt bezahlen. Hier gab es nun, und das zog sich durch den ganzen Park und jedes Gebäude, spezielle Ausländerpreise. Ein Russe zahlt 1,50 € Eintritt in den Park, ein russischer Student zahlt unter einem 1 €, doch wir, auch wenn wir einen russischen Studentenausweis besitzen (ich hab immer noch keinen…), müssen den internationalen Studentenpreis bezahlen (die gucken, ob unser Name auf dem Ausweis russisch klingt). Der liegt bei 4 €. Erwachsene Ausländer zahlen stolze 8 € Eintritt, nur für den Park! Die weiteren Gebäude werden aus diesem Grunde von überwiegend russischen Besuchern betreten. Sie zahlen überall etwa 1 €. Wir das 3 bis 7 fache.
Man kann sich nun darüber streiten, ob man als Gastgeber von seinen Gästen mehr verlangen sollte, nur weil sie es sich leisten können hier Urlaub zu machen. Doch besonders hier lebende Ausländer und Studenten, die häufig nicht viel mehr Geld haben (Durchschnittslohn der Russen liegt in St. Petersburg bei etwa 400-500 € pro Monat) trifft eine solche Regelung recht hart. Wenn man noch dazu die jetzigen Preise mit denen, die in meinem (3 Jahre alten) Reiseführer vergleicht, so haben sich diese für die Ausländer nochmals verdoppelt, wobei die für die Einheimischen gleich geblieben sind.
Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Die andere durfte ich gestern Abend kennen lernen. Wir waren das erste Mal etwas ausgiebiger in der Innenstadt feiern und haben einige Clubs und Kneipen ausprobiert. Die Anzahl dieser ist trotz 5 Millionen Einwohner sehr überschaubar. Deshalb drängen sich in manche Länden eine ganze Menge Leute, ein Grund für die Türsteher irgendwann nein zu sagen. Doch wenn sie merken, dass du Ausländer bist, dann wirst du mit offenen Armen empfangen. Darfst rein, auch wenn es für andere zu voll ist oder sie aus irgendwelchen anderen Gründen abgewiesen werden. Das geht so weit, dass es sogar Läden gibt, die freien Eintritt für Ausländer haben (ansonsten zahlt man als Mann zum Teil deutlich mehr als Frauen). Dies steht zwar nicht auf dem Aushang, wenn also ein Ausländer gerne bezahlen möchte ist das natürlich auch gerne gesehen, nach einem Tipp von einem Schweden waren wir aber in dem Entsprechenden Laden so dreist und haben das mal ausprobiert. Nachdem wir (5 Jungs) unsere Pässe vorgezeigt hatten konnten wir ohne den Eintritt von 8 € pro Person passieren…
Das sind nun die Vor- und Nachteile eines Ausländers hier in St. Petersburg. Wenn man also häufig feiern geht und wenige Sehenswürdigkeiten besichtigt, nein, so eine Rechnung möchte ich nicht aufmachen, ich finde eine solche positive, wie auch negative Diskriminierung von Ausländern, egal in welchem Land ich mich befinde, aus vielen Gründen, für nicht richtig.

Bis bald, mit neuen ungewöhnlichen Geschichten, und aus einer bereits sehr herbstlichen Stadt!

12 September 2006

nun geht es endlich richtig los!

Habe nun endlich auch Unterricht. Nun doch sehr intensiv Russisch (18 SWS die Woche) was natürlich dazu geführt hat, dass die anderen Kurse nicht mehr in meinen Stundenplan gepasst haben. Leider wurde mir dabei auch keine Wahl gelassen, sondern mir wurden 4 Kurse vorgelegt (alles Wasserbauthemen, da hier Bauingenieurwesen hauptsächlich im Bereich des Wasserbaus (Küsten, Offshoare, Hafen, Flüsse) angeboten wird), die ich hätte nehmen sollen. Nun werde ich wohl nur einen, vielleicht einen zweiten wählen können. Mal sehen, was sich da noch so machen lässt.
Zunächst brauche ich jedoch dringend einen Studentenausweis. Das scheint mal wieder ein riesen Akt zu werden. Werde hier vom einen zum nächsten verwiesen und verstehe immer nur Bahnhof. Ohne Studentenausweis gibt es jedoch keine Bücher aus der Bibliothek und keine vergünstigte Metrokarte (günstig ist es auch so, bei 30 Cent pro Fahrt, egal wie lange die dauert). Bahnfahrten sind hier im Allgemeinen sehr günstig. Der Kilometer kostet etwa einen Rubel (~3 Cent). Für unsere nächtliche Taxifahrt am vergangenen Wochenende hätten wir also auch stattdessen 200 km Bahn fahren können…

Wenn man so durch die Stadt geht, oder auch nur über den Campus, da weiß man(n) manchmal gar nicht wohin zu gucken vor lauter Beinen. Die Russinen scheinen Miniröcke zu lieben und dabei ziemlich Wetterunempfindlich zu sein. Egal ob es schüttet oder kalt draußen ist, es gibt sogar noch welche, die bauchfreie Jacken tragen. Hilft Wodka auch vorbeugend gegen Nierenentzündungen? Was jedenfalls auch stets sehr lustig aussieht, sind diejenigen, die mit ihren hochhackigen Schuhen durch oder um die zahlreichen Pfützen, Schlaglöcher und Schlammkuhlen auf den Gehwegen (Gehwege, zumindest außerhalb der Innenstadt, sind hier häufig nicht befestigt) gehen.

Auf unserer ersten kleinen Flurparty am letzten Wochenende habe ich mich mit der hier überwiegenden Anzahl Amerikanern unterhalten. Die müssen tatsächlich 10.000 $ für ein Semester hier berappen. Keine Ahnung ob mir das hier so viel Geld wert wäre. Denke jedoch eher nicht. Die Russen selber können jedenfalls nicht verstehen, warum man freiwillig, wenn man doch Geld hat, in Russland studieren möchte.

Bis bald, und speziell an Gero und Christian: Kopf hoch, die wird sich an euch gewöhnen müssen, nicht umgekehrt!

hier noch einige Fotos: www.julianbubel.de/blog/fotos2.htm

05 September 2006

Nun hätte ich es ...


... fast vergessen, unser heutiges Wasser
aus dem Wasserhahn.

So langsam lebt es sich ein…

Nach einer Woche kann ich sagen, dass langsam Alltag einkehrt und ich mich ganz gut an alles hier gewöhnt habe. Am Wochenende hatte ich quasi einen Intensivrundgang durch die Innenstadt. An drei Tagen besuchte ich, jeweils mit verschiedenen Leuten, die Altstadt um den Newskij Prospekt (das ist so ziemlich die Hauptstraße in St. Petersburg). Sonntag trafen Tilo und ich Ira, die uns 6 Stunden durch ihre Heimatstadt führte und sehr viel erklären konnte. Zuvor hatten wir einige Plätze schon mal auf eigene Faust erkundet und schließlich hatten wir gestern Abend noch ein Treffen mit Katja, die uns noch durch das abendliche Petersburg mit seinen prachtvoll angestrahlten Gebäuden führte.
Natürlich durften dabei „Blinui“ nicht fehlen. Im Grunde sind das Crêpes, doch die Russen bestehen darauf, dass ihre das Original sind.
Wie man häufig lesen kann, ist Russland, und im Speziellen St. Petersburg, ein Land der extremen Einkommensunterschiede. Wenn man durch die frisch gemachten Gassen und Straßen läuft, so kann man nicht selten extrem teure Autos sehen, die stets gut bewacht herum stehen. Wie es die Besitzer schaffen ohne Beulen durch den Verkehr zu kommen ist mir jedoch ein Rätsel. Und so langsam leuchtet mir auch ein, warum so viele Leute hier auf Geländewagen stehen. Zum einen sind sie bei den Straßenverhältnissen außerhalb der Innenstadt sehr hilfreich, doch viel wichtiger scheint, dass man mit ihnen die hohen Bordsteinkanten hochfahren kann um dann dort zu parken oder bei Stau einfach auf dem Gehweg zu fahren.
Als deutscher, bzw. EU-Bürger wird man hier stets gefragt, warum man hier in Russland studieren möchte. Im ersten Moment wird stets davon ausgegangen, dass man ein Auslandsstudium macht um das bessere Wissen in der dortigen Universität „einzusaugen“. Bei den Unterhaltungen stellte sich heraus, dass selbst die Einheimischen nicht recht überzeugt von ihrem Bildungssystem sind und die Entscheidung hierher zu kommen deshalb nicht nachvollziehen können. Das hiesige Bildungssystem ist schnell beschrieben. 10 Jahre Schule, der, wenn man möchte, ein 5jähriges Studium anschließt. Sollte man die Prüfungen während des Studiums, welches wie in der Schule in Klassen mit vorgegebenem Stundenplan abläuft, nicht bestehen, so bezahlt man einfach dafür. Mir wurde erzählt, dass das etwa ein Viertel der Studenten betrifft. Also „bestehen“ alle und auch als Ausländer könnte man sich wohl Scheine kaufen. Nach 5 Jahren ist man also fertig und wenn man während des Studiums ins Ausland geht, so müsste einem diese Zeit ja anerkannt werden. Ansonsten währe man länger in der Uni, was hier alle vermeiden wollen. Somit muss ich stets umständlich erzählen, dass mir die Scheine hier wohl später nicht anerkannt werden und ich deshalb zum Sprachelernen und aus persönlichem Interesse hier bin.
Kurz muss ich euch noch von meinem Treffen mit dem Vize-Direktor der meiner Fakultät berichten. Als ich nun heute als letzter meiner WG ein solches Treffen hatte (am Freitag hätte ich bereits eins haben sollen, wurde jedoch vergessen mir mitzuteilen…) hoffte ich auf eine Liste mit Vorlesungen, aus denen ich wählen könnte. Doch leider waren der gute Herr und einer seiner Institutsleiter nicht so gut vorbereitet und wussten das selber nicht so genau. Wir unterhielten uns also nur kurz über meine Präferenzen und ich bekam einen neuen Termin für nächste Woche Montag. Somit habe ich nun noch fast eine ganze Woche mehr frei, während die anderen schon fleißig studieren…

Der Herbst kündigt sich an, bis bald!

02 September 2006

erste Fotos

Und hier noch einige Bilder der ersten Eindrücke:
http://www.julianbubel.de/blog/fotos1.htm

01 September 2006

Erste Eindrücke aus St. Petersburg

4. Tag in St. Petersburg und es ist bereits eine ganze Menge passiert. Es ist für mich jeden Tag aufs Neue schwierig, ohne tiefere Russischkenntnisse, die bürokratischen Vorgaben zu meistern. Nun scheint es jedoch zumindest mit den ganzen Anmelde- und Anfangsformalitäten getan.
Nach meiner Ankunft wurde ich leider nicht abgeholt. Einen Tutor oder ähnliches gibt es nicht. So bin ich auf gut Glück zum Verwaltungsgebäude, in dem die Person, mit der ich im Vorwege Kontakt hatte, arbeitet. Glücklicherweise ist dieses Verwaltungsgebäude auch gleichzeitig ein Studentenwohnheim, in dem ich untergekommen bin. Zu viert teilen wir uns nun 2 Zimmer, ein Bad und eine Küche (2 Herdplatten und eine Spüle) und werden dafür doch noch recht viel bezahlen müssen. Dennoch wurde uns gesagt, dass dies die besten Räumlichkeiten sind (Putz kommt von der Decke, die Tapeten von den Wänden,…). Wenn wir die ganzen neuen Gebäude und die Produkte in den Einrichtungsläden sehen können wir das aber nicht ganz glauben. Nebenan ist ein weiteres Studentenwohnheim, welches, verglichen mit unserem, tatsächlich noch wesentlich schlimmer aussieht und auch nur ein viertel von unserem kostet. Für uns ist die Möglichkeit dorthin zu ziehen jedoch von vorne herein ausgeschlossen (schließlich wollen sie unser Geld).
Die Registrierung ist hier das größte Hindernis. Der Wohnort wird dabei festgehalten und man kann anschließend nicht so einfach woanders hin umziehen. Es ist mit ein Grund warum sie uns nicht eines der billigen Zimmer mieten lassen wollen. Denn danach könnte man sich wunderbar einfach ein weiteres, gutes Zimmer auf dem freien Markt suchen und gleichzeitig im billigen Wohnheim registriert sein. Abgesehen von diesen Wohnauflagen braucht man für die Registrierung auch einen russischen! Aidstest und russische Passfotos. Zudem muss das alles binnen 3 Tage erfolgen. Also war der Anfang recht hektisch, bis ich das alles herausgefunden und gemacht hatte.

Meine Mitbewohner (ein Finne, Lassi; ein Tscheche, Milan; und ein Dresdener, Tilo) sind alle ganz nett und im Russischen mir weit voraus. Dadurch können sie mir ab und zu helfen. Leider werde ich den von mir gewünschten Intensivkurs nicht belegen können. Stattdessen wurde ich der Bauing.fakultät zugeteilt und dort wohl irgendwelche Kurse belegen müssen.

Was ich bisher von der Stadt gesehen habe ist sie in der Innenstadt sehr stark renoviert, in den Randbezirken doch sehr gemischt. Mein Studentenwohnheim steht zum Beispiel zwischen Kleinindustrie, Umspannwerk, neuesten und ältesten Wohngebäuden. Parks sind auch nie weit.

So, werde mich nun mit meinen Mitbewohnern noch auf ein Glas Wodka und eine Flasche Bier zusammensetzen und die nächsten Tage planen. Ich hoffe ihr genießt die Ferien!
Bis bald aus St. Petersburg.